Das Jahr war erst wenige Tage alt, da hatten die Genossenschaftswinzer aus Meißen bereits Grund zu feiern: Ihre Weinbaugemeinschaft beging den 80. Gründungstag.
Meißens Winzer im Burgkeller
Am 12. Januar 1929 hatte sie sich als „Vereinigung zur Behandlung und Pflege des Weinstocks" konstituiert. Gleich zu Beginn des großen Jubeljahres meldeten sich damals die Kleinwinzer zu Wort. Sie wollten beitragen, dass „Meißens Charakterpflanze", wie es in dem Gründungsaufruf u. a. hieß, nicht nur die großen Hügelflächen bedeckt, sondern auch das Straßenbild der 1000-jährigen Stadt („wo es die Verhältnisse gestatten") sowie die neu entstandenen und neu entstehenden Siedlungen.
Nun, auch wenn dieses Gründungsziel immer mal wieder aufgefrischt werden muss, sie ist und bleibt sachsenweit die älteste unter den Weinbaugemeinschaften.
Weinbaugemeinschaft ist die Organisationseinheit der Kleinwinzer, und sie heißt seit 1973 so. Doch wie auch der Name lautet: Noch heute sind Landschaftspflege, Schulung der Mitglieder, Weitergabe von Erfahrungen, Geselligkeit und freundschaftliches Miteinander die wichtigsten Grundsätze des Vereinslebens. Das hat sich in allen Zeiten bewährt. Unterstützt und gefördert werden die Winzer von ihrer Genossenschaft.
An sie liefern sie alljährlich die Trauben, sie keltert und vermarktet den Wein, für den sich die Winzer auf ihren Parzellen letztlich schinden. Denn das reine Zuckerschlecken ist es nicht, was einer Jahr für Jahr zu leisten hat, um Qualität und guten Ertrag zu erzielen. Aber was am Ende golden im Glase glänzt und sich auf der Zunge anfühlt wie die wahre Wonne, das lohnt die Mühe allemal, wie man im Elbtal seit acht Jahrhunderten weiß. Und wie es die jüngsten Weinprämierungen dem Meißner Genossenschaftswein wiederum bestätigten.
Also: Wer feste arbeitet, soll auch Feste feiern. Der Vorstand der Weinbaugemeinschaft hatte in den Burgkeller geladen, eins der edlen unter Meißens Weinrestaurants. Das Festmenü bestand aus vier Gängen: Buchweizencrepes, gefüllt mit zartem Räucherlachs an winterlichem Salatbukett - Meißner Weinsüppchen mit Frischkäsenocken - Dornfelder Rotweinbraten vom gespickten Rinderrücken, serviert mit Rahmwirsing und sächsischem Wickelkloß - Traminer Creme mit Rosengelee im Schokoladenkörbchen auf Traubenragout; dem Anlass des Jubiläums wohl angemessen, was Auswahl, Geschmack und Ambiente anbelangt.
Dazwischen und danach erlebten die 120 Gäste eine 12er-Weinprobe: zwölf erlesene Genossenschaftsweine aus den Jahrgängen 2005, 2006 und 2007, darunter sechs, bei denen auf dem Etikett neben der Traubensorte auch die Bezeichnung „Bereich Meißen" vermerkt war -ein Wein also, der aus dem Traubengut der Meißner Winzer erzeugt war. Da konnte jeder noch mal spüren, wie Arbeit im Weinberg und Qualität im Glas letztlich zusammengehören.
Vorgestellt wurden die Weine von Sachsens Weinkönigin Marleen Herr. Sie teilte sich in die Aufgabe mit Evelyn Schmidt, Deutschlands Ex-Weinkönigin vom Jahrgang 2007/2008, und beide erfüllten sie mit Charme, Witz und önologischem Sachverstand. Die Festrede hielt Günter Rühle von der Weinbaugemeinschaft Spaar, die - ursprünglich mit den Meißnern eine Einheit, inzwischen ausgegliedert und selbständig - in vielen Sachfragen und geselligen Veranstaltungen den Meißnern nach wie vor verbunden ist. Günter Rühle bot einen spannenden Exkurs durch die über 800-jährige Weinbaugeschichte im Meißner Land und verwies darauf, dass es 2011 exakt 850 Jahre her sein wird, dass die berühmte Urkunde Ottos des Reichen den Anbeginn des Weinbaus im Elbland bezeugt.
Am Tisch Jürgen Zuschkes, des Vorsitzenden der Weinbaugemeinschaft, hatten auch Christoph Hesse, der 1. Vorsitzende des Weinbauverbandes Sachsen, und Lutz Krüger, Geschäftsführer der Sächsischen Winzergenossenschaft Meißen mit ihren Gattinnen Platz genommen. In Grußworten hatten beide die fleißige Arbeit der Meißner Winzer besonders hervorgehoben. Hesse machte darauf aufmerksam, dass man dort, wo sich heute der Burgkeller befindet, jene Ägidienkapelle vermutet, die die Urkunde des Meißner Markgrafen erwähnt.
Sicher ein guter Grund, die 850-Jahr-Feier des Sachsenweins an gleicher Stelle zu begehen.
Klaus Harder